BAGAVAD GITA
2. Sâmkhya-theorie und Yoga-praxis
Nie gab es eine Zeit, da ich nicht war und du und diese Fürsten, noch wird je eine Zeit kommen, da wir nicht mehr sein werden. (02.12)
Wie die Seele bereits in diesem Körper Kindheit, Jugend und Alter hat, so geschiedt es auch, daß sie einen anderen körper ergreift. Der Weise wird daran nicht irre. (Siehe 15.08) (02.13)
Die Berührungen mit ihren Objekten, o Sohn der Kunti (Arjuna), bewirken Kälte und Hitze, Freude und Schmerz. Sie kommen und gehen und sind nicht von Bestand. Lerne sie ertragen, o Bhârata (Arjuna). (02.14)
Welchen menschen diese nicht quälen, o erster der Männer (Arjuna), wer derselbe bleibt in Schmerz und Freude, wer weise ist, dieser rüstet sich zur Ewigkeit. (02.15)
Das Nichtseiende kann nicht sein, das Seiende kann nicht aufhören zu sein. Die Wahrheitsseher haben den Schluß aus diesen beiden entdeckt. (02.16)
Wisse, daß unzerstörbar ist, von dem das alles durchdrungen wird. Niemand kann Zerstörung dieses Unwandelbaren bewirken. (02.17)
Ein Ende haben die Körper, unzerstörbar und unfaßbar aber ist das Ewige, welches in diese Körper eingegangen ist. Darum kämpfe, o Bhârata (Arjuna)! (02.18)
Wer denkt, er tötet, wer glaubt, er werde getötet, sind beide im Irrtum. Nicht tötet dieser eine, noch wird er getötet. (02.19)
Nicht wird er geboren, noch stirbt er jemals. Ins Sein gelangt, wird er nicht wieder aufhören zu sein. Er ist ungeboren, ewig, dauerhaft und uralt. Er wird nicht getötet, wenn der Körper getötet wird. (02.20)
Wer ihn als unzerstörbar und ewig, ungeboren und unvergänglich kennt, wie könnte ein solcher Mensch, o Pârtha (Arjuna), irgendeinen töten, irgendeinen töten lassen? (02.21)
Wie ein Mann abgetragene Kleider ablegt und andere, neue anzieht, so legt auch die Seele die abgetragenen Körper ab und geht in andere, neue, ein. (02.22)
Nicht spalten ihn die Schwerter, nich brennt ihn das Feuer, nicht benetzen ihn die Wasser, nicht trocknet ihn der Wind. (02.23)
Er kann nicht gespalten, nicht verbrannt, nicht benetzt und nicht ausgetrocknet werden. Er ist ewig, allgegenwärtig, unwandelbar, unbeweglich, immerwährend. (02.24)
Er wird unoffenbar, undenkbar, unveränderlich genannt. Darum sollst du nicht klagen, nachdem du ihn als solchen erkannt hast. (02.25)
Selbst wenn du meinst, daß das Selbst immer wieder geboren werde und immer wieder sterbe, selbst dann, o Großarmiger (Arjuna), sollst du nicht klagen. (02.26)
Denn dem Geborenen ist der Tod gewiß, dem Toten ist die Geburt gewiß. Darum sollst du über eine unvermeidliche Sache nicht trauern. (02.27)
Nicht offenbar sind die Wesen an ihrem Beginne, offenbar in der Mitte, o Bhârata (Arjuna), und nicht offenbar wiederrum an ihrem Ende. Was gibt es da zu klagen? (02.28)
Der eine betrachtet ihn wie ein Wunder, der andere spricht von ihm wie von einem Wunder, ein anderer wieder hört von ihm wie von einem Wunder, und doch kennt ihn keiner, auch wenn er von ihm gehört hat. (Siehe KaU 2.07) (02.29)
Der im Körper von uns allen weilt, o Bhârata (Arjuna), ist ewig, unzerstörbar. Darum sollst du kein Wesen beklagen. (02.30)
Und auch wenn du deine Pflicht berücksichtigst, sollst du nicht schwanken. Denn Größeres gibt es für einen Krieger nicht als den pflichtgemäßen Kampf. (02.31)
Glücklich sind die Ksatriyas, o Pârtha (Arjuna), denen sich ein solcher Krieg wie eine weit geöffnete Himmelstüre darbietet. (02.32)
Wenn du diese pflichtgemäße Schlacht nicht aufnimmst, gerätst du in Schuld, indem du dein Gesetz und deinen Ruhm verrätst. (02.33)
Außerdem wird man ohne Unterlaß deine Schmach verkünden, und für einen Mann, der einst geehrt wurde, ist Schmach schlimmer als Sterben. (02.34)
Die großen Krieger werden glauben, daß du dich aus Furcht dem Kampfe entzogen hast, und sie werden dich, den sie einst hochgeschätzt haben, für gering achten. (02.35)
Deine Feinde werden viel Ungebührliches reden und deine Fähigkeit tadeln. Könnte es Traurigeres geben als das? (02.36)
Entweder wirst du getötet werden und in den Himmel eingehen oder du wirst siegen und die Erde genießen. Darum erhebe dich, o Sohn der Kunti (Arjuna), zum Kampf entschlossen! (02.37)
Rüste dich zum Kampfe, nachdem dir Freude und Leid, Gewinn und Verlust, Sieg und Niederlage gleichgültig geworden sind. So wirst du nicht in Schuld geraten. (02.38)
Was ich dir eben gegeben habe, o Pârtha (Arjuna), ist die Weisheit des Sâmkhya. Vernimm nun die Weisheit des Yoga! Wenn dein Verstand diese aufnimmt, wirst du die Bindung durch die Werke ablegen. (02.39)
Auf diesem Pfade ist keine Mühe verloren, und es gibt kein Hindernis. Schon ein wenig von dieser Gerechtigkeit (dharma) errettet vor großer Gefahr. (02.40)
Hier gibt es, o Freude der Kurus (Arjuna), nur das entschlossene Verstehen; es ist eines. Die Gedanken der Unentschlossenen aber sind vielverzweigt und endlos. (02.41)
Die Einsichtslosen, die sich an den Vedaschriften ergötzen, die behaupten, daß es anderes nicht gebe, die auf den Himmel bedacht sind und deren Wesen die Begierde ist, verkünden jene blumigen Worte, welche als Lohn der Taten die Wiedergeburt verheißen und viele besondere Riten zur Erlangung von Genüssen und der Herrschaft (festlegen). (02.42-43)
Nicht wohl begründet im Selbst (oder: in der Versenkung) ist der zwischen Gut und Böse unterscheidende Verstand jener, die an den Genüssen und der Macht hängen und deren Geist von diesen (Veda-) Worten hingerissen wird. (02.44)
Hauptasche des Veda sind die Erscheinungsformen; du aber, o Arjuna, befreie dich von dieser dreifachen Natur. Sei frei von den Gegensätzen, stehe fest in der Reinheit, sorge dich nicht um Erwerb und Erhaltung, besitze das Selbst! (02.45)
Soviel Nutzen ein Teich hat, an einer Stelle, wo von allen Seiten her die Wasser zusammengeströmt sind, soviel Nutzen haben auch die Veden für den Brahmanen, welcher erkennt. (02.46)
Deine Aufgabe liegt allein im Handeln, nicht in dessen Früchten. Lasse nicht die Früchte deines Tuns deinen Beweggrund sein; ergib dich nicht der Untätigkeit! (02.47)
Gib die Anhänglichkeit auf, o Schätzegewinner (Arjuna), und volbringe, im Yoga gefestigt, deine Werke. Sei gleichmütig gegen Erfolg und Mißerfolg. Gleichmut wird Yoga genannt. (02.48)
Das Werksteht tief unter der Zügelung des Verstandes (buddhi-yoga), o Schätzegewinner (Arjuna). Suche im Verstande deine Zuflucht. Erbarmenswert sind jene, die nach Früchten trachten. (02.49)
Wer seinen Verstand (an das Göttliche) geschirrt hat (oder: in seinen Verstande wohl gegründet ist), läßt beides fahren: Gut und Böse. Befleißige dich darum des Yoga. Yoga ist Geschick im Handeln. (02.50)
Die Weisen, welche ihren Verstand (mit dem Göttlichen) verbunden haben, indem sie auf die Früchte ihrer Werke verzichtet und von den Banden der Geburt sich befreit haben, erreichen den leidlosen Ort. (02.51)
Da dein Verstand die Trübnis der Verblendung überquert, wird dir gleichgültig werden, was gehört worden ist und was noch zu hören sein soll. (02.52)
Wenn dein Verstand, von den vedischen Texten verwirrt, unerschütterlich und fest im Geiste (samâdhi) gründen wird, wirst du Einsicht (yoga) erlangen. (02.53)
Arjuna sagte: Welches ist die Beschreibung eines Menschen, der diese festgegründete Weisheit hat, dessen Wesen im Geiste feststeht, o Keśava (Kŗşna)? Wie wird er, dessen Verstand gefestigt ist, sprechen, wie wird er sitzen, wie wird er gehen? (02.54)
Der Erhabene sagte: Wenn jemand alle Wünsche seines Herzens ablegt, o Pârtha (Arjuna), und wenn sein Geist in sich selbst Genüge findet, wird er ein in seinem Verstande Feststehender genannt. (02.55)
Wer in Leiden nicht erschüttert wird und in Freuden frei von Begierden ist, von welchem Leidenschaft, Furcht und Zorn gewichen sind, der wird ein in seinen Verstande feststehender Weiser genannt. (02.56)
Wer nirgendwo Zuneigung hat, wer, wenn er Gutes oder Schlechtes empfängt, weder Freude noch Haß empfindet, dessen Verstand ist fest gegründet (in der Weisheit). (02.57)
Wer, wie eine Schildkröte ihre Glieder, seine Sinnesorgane allerseits von den Sinnesobjekten zurüchzieht, dessen Verstand ist fest gegründet (in der Weisheit). (02.58)
Die Sinnesobjekte wenden sich von der verkörperten Seele ab, die aufhört, sich an ihnen zu nähren; doch bleibt der Geschmack für sie. Aber selbst der Geschmack wendet sich ab, wenn das Höchste erschaut wird. (02.59)
Mag ein Mensch auch noch so (nach Vollendung) streben, mag er auch noch so einsichtig sein, o Sohn der Kunti (Arjuna), die ungestümen Sinne reißen seinen Geist gewaltsam fort. (02.60)
Sie alle (die Sinne) gebändigt habend, soll er im Yoga dasitzen, auf mich gerichtet. Denn, wer die Sinne in seiner Gewalt hat, dessen Verstand ist fest gegründet. (02.61)
Wenn ein Mensch an die Sinneobjekte denkt, entsteht Verhaftung an sie. Aus der Verhaftung entspringt Begierde, und aus der Begierde entspringt Zorn. (02.62)
Aus dem Zorn entsteht Verwirrung, aus der Verwirrung Verlust der Erinnerung, aus dem Verlust der Erinnerung Zerstörung des Verstandes. An der Zerstörung des Verstandes. An der Zerstörung des Verstandes geht er zugrunde. (02.63)
Wer aber seine Sinne im Zaum hält, wer mit gezügelten Sinnen, die frei von Anhänglichkeit und Abneigung sind, unter den Sinnesobjekten umhergeht, dieser Mensch erlangt die lauterkeit des Geistes. (02.64)
Und in dieser Lauterkeit des Geistes wird ihm das Ende allen Kummers bereitet. Der Verstand eines solchen Mannes von lauterem Geiste ist bald gefestigt (in dem Frieden des Selbst). (02.65)
Wer ohne Zucht ist, hat keinen Verstand, und wer ohne Zucht ist, hat auch kein Versenkungsvermögen. Wer ohne Versenkungsvermögen ist, findet keinen Frieden. Und wie könnte es für einen, der keinen Frieden hat, Freude geben? (02.66)
Wenn der Geist den schwärmenden Sinnen nachläuft, zieht er den Verstand mit sich fort, wie der Wind ein Schiff auf dem Wasser mit sich fortzieht. (02.67)
Wer darum, o Starkarmiger (Arjuna), seine Sinnesorgane allerseits von ihren Sinnesobjekten zurückhält, dessen Verstand ist fest gegründet. (02.68)
Was für alle Wesen Nacht ist, ist Wachezeit für die gezügelte Seele. Und was für alle Wesen Wachezeit ist, ist Nacht für des Seher, der sieht (oder: den Seher der Schau). (02.69)
In den alle Begierden einmünden wie die Wasser in den Ozean, der, obwohl immer angefüllt, doch stets bewegungslos verharrt, dieser erlangt den Frieden; nicht aber, wer seinen Begierden fröhnt. (02.70)
Wer alle Begierden aufgibt, ohne Verlangen handelt, ohne Selbstsucht und Egoismus ist, dieser erlangt den Frieden. (02.71)
Dies ist, o Pârtha (Arjuna), der göttliche Zustand. Wer ihn erreicht hat, wird nicht (mehr) verwirrt. Wer am Ende (in der Todesstunde) in ihm feststeht, geht in die Seligkeit Gottes (brahmanirvâna) ein. (02.72)
Dies ist das zweite Kapitel, genannt: Der Yoga der Erkenntnis.
3. Karmayoga oder die Methode zu Handeln
Arjuna sagte: enn du meinst, o Janârdana, daß (der Pfad der) Erkenntnis besser ist als (der Pfad der) Handlung, warum drängst du mich dann zu dieser grausamen Tat, o Keśava (Kŗşna)? (03.01)
Mit verwirrter Rede scheinst du meinen Verstand irrezuführen. Teile mir doch ohne Umschweife das eine mit, wodurch ich Heil erlangen kann. (03.02)
Der Erhabene sagte: Der zweifache Weg, den es in dieser Welt gibt, o Tadelloser, ist schon vorhin von mir gelehrt worden: der Weg der Erkenntnis fûr die betrachtenden Menschen und der Weg der Werke für die tätigen Menschen. (03.03)
Nicht durch das Unterlassen der Werke erlangt der Mensch Befreiung von den Werken; nicht durch bloßes Entsagen erlangt er Vollkommenheit. (03.04)
Denn kein Lebewesen kann auch nur einen Augenblick verharren, ohne zu handeln. Jeder wird durch die naturentstandenen Impulse, ohne daß er sich dagegen wehren kann, zum Handeln veranlaßt. (03.05)
Wer die Tatsinne bezähmt, aber in seinem Herzen der Sinnesobjekte gedenkt, wessen Natur betört ist, ein solcher wird ein Heuchler genannt. (03.06)
Höher steht hingegen, o Arjuna, wer die Sinne mit dem Geiste zähmt und die Tatsinne ohne Anhänglichkeit auf dem Wege des Handelns einsetzt. (03.07)
Vollziehe dein dir zustehendes Werk, denn Handeln ist besser als Nichthandeln. Auch die Aufrechterhaltung des physischen Lebens gelingt nicht ohne Handeln. (03.08)
Abgesehen von dem Werk, das als und für ein Opfer getan wird, ist die Welt an die Werke gebunden. Darum befreie dich, o Sohn der Kunti (Arjuna), von aller Anhänglichkeit und vollziehe dein Werk als Opfer. (03.09)
In alter Zeit schuf der Herr der Geschöpfe zusammen mit dem Opfer die Menschen und sprach: Durch dieses werdet ihr euch fortpflanzen, und dieses wird es sein, was euch den Milchtrank eurer Wünsche spenden wird. (03.10)
Fördert damit die Götter, und die Götter mögen euch fördern. So werdet ihr, einander fördernd, das höchste Gut erlangen. (03.11)
Vom Opfer gefördert, werden euch die Götter jene Genüsse schenken, die ihr begehrt. Wer diese Gaben genießt, ohne ihnen zurückzugeben, ist fürwahr ein Dieb. (03.12)
Die Guten, welche die Überreste des Opfers verzehren, werden von allen Sünden erlöst; aber jene Bösen, die für sich allein Nahrung bereiten, sie essen die Sünde. (03.13)
Aus der Nahrung entstehen die Geschöpfe; aus dem Regen entspringt die Nahrung; aus dem Opfer wird der Regen geboren, und das Opfer entsteht aus dem Werke. (03.14)
Wisse, daß der Ursprung des karman (der Art des Opfers) im Brahman (dem Veda) liegt, und das Brahman entspringt im Unvergänglichen. Darum hat das allumfassende Brahman stets im Opfer seinen Mittelpunkt. (03.15)
Wer in dieser Welt das so in Bewegung gesetztz Rad nicht weiterdrehen hilft, ist von böser Natur, sinnlich in seinen Freuden und lebt umsonst, o Pârtha (Arjuna). (03.16)
Aber für den Menschen, der sich allein am Selbst erfreut, am Selbst genug hat, im Selbst Befriedigung findet, gibt es kein Werk mehr, das er tun müßte. (03.17)
So verfolgt er auch nicht die Absicht, durch Handlungen, die er vollbracht hat, und durch handlungen, die er nicht vollbacht hat, irgend etwas in dieser Welt zu gewinnen. Er hängt mit keinem Zweck von allen diesen Dingen ab. (03.18)
Vollbringe darum immer, ohne Anhänglichkeit, die auszuführende Tat, denn durch Handeln ohne Anhänglichkeit gelangt der Mensch zum Höchsten. (03.19)
Gerade durch Werke haben Janaka und andere die Vollendung erreicht. Du sollst auch zum Zwecke der Welterhaltung handeln. (03.20)
Was immer ein großer Mann vollbringt, das vollbringen andere ebensogut. Welchen Maßstab er auch immer setzen mag, die Welt richtet sich darnach. (03.21)
Für mich, o Pârtha (Arjuna), gibt es kein Werk in den drei Welten, das noch zu tun wäre, oder irgend etwas, das erlangt werden müßte und noch nicht erlangt worden ist. Und trotzdem betätige ich mich im Werke. (03.22)
Denn wenn ich mich je im Werke nicht unermüdlich betätigen würde, o Pârtha (Arjuna), die Menschen würden doch allerwärts meinem Wege folgen. (03.23)
Wenn ich aufhören würde zu handeln, würden diese Welten in Trümmer fallen, und ich wäre der Urheber der Unordnung und würde diese Menschen zugrunde richten. (03.24)
Wie die Unwissenden in Anhänglichkeit an das Werk handeln, so sollen auch die Wissenden handeln, o Bhârata (Arjuna), aber nicht in Anhänglichkeit, sondern in dem Verlangen, die Weltordnung aufrecht zu erhalten. (03.25)
Er (jnânin) möge die Gemüter der Unwissenden, die am Werke hangen, nicht verwirren. Der Erleuchtete, der alle Handlungen im Geiste des Yoga vollbringt, möge die anderen (ebenso) zum Werke anleiten. (Siehe 03.29) (03.26)
Alle Arten von Werken werden durch die Erscheinungsformen der Natur vollzogen; der Mensch, dessen Seele vom Selbstgefühl verwirrt ist, denkt aber: „Ic bin der Täter“. (Siehe 05.09, 13.29, und 14.19) (03.27)
Wer aber, o Starkarmiger (Arjuna), das wahre Wesen der Unterschiedlichkeit (der Seele) von den Erscheinungsformen der natur und ihren Werken kennt, wissend, daß es die Erscheinungsformen sind, die an den Erscheinungsformen wirken, dieser verhaftet sich nicht. (03.28)
Die von den Erscheinungsformen der Natur verwirrt sind, hangen an den von ihnen vollbrachten Werken. Aber niemand, der das Ganze erkannt hat, möge die Unwissenden irre machen, die nur einen Teil erkannt haben. (Siehe 03.26) (03.29)
Übertrage, in vollem Bewußtsein auf das Selbst gestützt, alle diese Werke auf mich, sei frei von Begierde und Selbstsucht und kämpfe , von deinem Fieberwahn erlöst! (03.30)
Auch jene Menschen, welche gläubig und ohne Murren alle Zeit dieser meiner Lehre folgen, werden von (der Bindung durch die) Werke erlöst. (03.31)
Wisse, daß hingegen jene, die meine Lehre gering schätzen und sie nicht befolgen, blind für alle Weisheit, verloren und besinnungslos sind. (03.32)
Selbst der wissende Mensch handelt in Übereinstimmung mit seiner eigenen Natur. Die Lebewesen folgen ihrer Natur. Was vermag hier Unterdrückung auszurichten? (03.33)
Für jedes Sinnesorgan sind Neigung und Abneigung in bezug auf die Objekte des (betreffenden) Sinnesorgans festgesetzt. Niemand möge unter ihre Gewalt kommen, denn sie sind zwei gefährliche Wegelagerer. (03.34)
Es ist besser, das eigene Gesetz unvollkommen zu erfüllen, als das Gesetz eines anderen vollkommen zu erfüllen. Es ist besser, in (der Erfüllung) des eigenen Gesetzes zu sterben;denn gefährlich ist es, dem Gesetz eines anderen zu folgen. ( Siehe 18.47) (03.35)
Arjuna sagte: Wodurch, o Vârsneya (Kŗşna), wird nun aber, wie durch eine Kraft, der Mensch angetrieben, selbst gegen seinen Willen Sünden zu begehen? (03.36)
Der Erhabene sagte: Es ist das Begehren, es ist der Zorn, die, alles verschlingend und höchst sündhaft, aus der Erscheinungsform der Leidenschaft entspringen. Wisse, daß er der Feind hier ist! (03.37)
Wie das Feuer vom Rauche verhült wird, ein Spiegel von Staub, ein Embryo vom Mutterleib umschlossen wird, so ist dies von jenem (nämlich der Leidenschaft) verhüllt. (03.38)
Von diesem unersättlichen Feuer der Begierde, diesem dauernden Feind der Weisen, wird, o Sohn der Kunti (Arjuna), das Wissen verhüllt. (03.39)
Die Sinnesorgane, das Denkorgan und die Vernunft werden sein Sitz genannt. Indem er mittels derselben das Wissen verhüllt, täuscht er die in den Körper eingegangene Seele. (03.40)
Bezähme darum, o bester der Bharatas (Arjuna), von Anfang an deine Sinne und vernichte diesen bösen Zerstörer von Wissen und Unterscheidungsvermögen. (03.41)
Groß sind, so heißt es, die Sinnesorgane: größer als die Sinnesorgane ist das Denkorgan; größer als das Denkorgan ist die Vernunft; aber noch größer als die Vernunft ist er. 03.42)
Erkenne ihn so, der jenseits der Vernunft ist, befestige dein (niederes) Selbst durch das Selbst und schlage so, o Starkarmiger (Arjuna), den schwer besiegbaren Feind in Gestalt der Begierde. (03.43)
Dies ist das dritte Kapitel, genannt: Der Yoga der Werke.